Donnerstag, 1. September 2011

London Unruhen - Sonntag, 7. August 2011 (Fortsetzung 04)

2011-08-20-tottenham-22

21.10: Guardian-Reporter Matt Taylor berichtet aus Brixton:

In Brixton drohte sich die Stimmung unter den Hunderten von Menschen, die immer noch auf der Straße sind, zu verschlechtern, als ein junger Mann auf dem Boden gefesselt und von der Polizei verhaftet wurde, die auf der High Street in drei Vans dahergekommen war.

Der Mann wurde verfolgt und zu Boden geworfen, was eine wütende Reaktion unter den noch auf den Straßen befindlichen Besuchern des Splash- Festivals hervorrief.

Hunderte versammelten sich, als die Polizei den Verdächtigen an der Rückseite des Vans in Handschellen legte, und ein Mann fragte: „Habt ihr nichts aus Tottenham gelernt?“ Die Atmosphäre ist jetzt wieder ruhig.

Eine Zeugin, Sarah Moulden, sagte dem Guardian vorher am Abend, dass sie mindestens 15 Polizisten gesehen habe, die die Straße hinuntermarschierten, als sie hinter einem Auto kauerte , und sie beobachte mehrere Dutzend junge Männer, die auf Coldharbour Lane Flaschen auf einander warfen.

„Es gab eine Menge Autos dort in der Mitte der Straße, deren Fahrer versuchten, sich da rauszumanövrieren, weil Flaschen direkt an den Autotüren und Seitenscheiben landeten.“

21.14: Guardian-Reporter Paul Lewis hat von einem weiteren Ausbruch von Krawallen in Enfield berichtet:

Rund 100 vorwiegend Jugendliche standen bei der Station, die von der Polizei bewacht wurde. Gleichzeitig bewegten sich alle in Richtung Church Street.

Es müssen mehr als 20 gewesen sein, die die Fenster eines Juweliergeschäfts einschlugen und hineinstürmten. Sie machten sich nach weniger als einer Minute wieder aus dem Staub, als ihnen die Polizei nachsetzte. Es gab chaotischen Szenen, als die Menge von der Polizei, die mit Schlagstöcken auf sie einschlug, abgedrängt wurde. Etwa 20 Hundeführer erschienen auf der Bildfläche. „Gehen Sie zurück. Sonst werden Sie gebissen. Gehen Sie zurück.“ Ich sah, wie im Nahkampf auch Passanten verletzt wurden.

Fünf Minuten später wurden die Scheiben eines Wettbüros und einer Apotheke weiter unten auf der Straße eingeschlagen. Berittene Polizei ist jetzt im Zentrum des Bezirks, das zeigt eine starke Polizeipräsenz. Im Gegensatz zu gestern Abend in Tottenham, wo ich die Polizei völlig die Kontrolle verlieren sah, zeigt hier die Anzahl an Polizisten, dass sie schneller auf die Gewaltakte reagieren. Aber die jungen Leute - meist Männer – verschwinden in den Seitenstraßen und erscheinen dann woanders wieder.

Ich habe auch die erste echte tief empfundene Gegenwehr gegen diese Unruhen gesehen: eine Frau, etwa 20 Jahre alt, rief in Tränen: „Was macht ihr da? Wollt ihr so Mark euren Respekt erweisen? Ist es das, was er gewollt hätte?“

21.40: Hier ist ein Ausschnitt der morgigen Titelgeschichte des Guardian, die von Sandra Laville, Paul Lewis, Vikram Dodd und Caroline Davies geschrieben wurde:

Zweifel sind aufgekommen, ob Mark Duggan, dessen Tod am Wochenende die Unruhen in Tottenham ausgelöst hat, in einem Schusswechsel mit der Polizei getötet wurde, als neuerlich Unruhen in London ausbrachen.

Der Guardian nimmt an, dass die ersten ballistischen Tests mit einer Kugel, die man in einem Polizeifunkgerät fand, das ein Polizist während des Vorfalls am Donnerstag getragen hat, nahelegen, dass sie von der Polizei stammte - und daher nicht von Duggan abgefeuert worden war.

Das wurde bekannt, als es im nördlichen London in Enfield wieder zu Krawallen kam und dabei ein Polizeiwagen mutwillig zerstört wurde, und man Fenster in der High Rd zertrümmert hat.

Samstagnacht wurden 26 Polizisten verletzt, acht sind im Krankenhaus in Behandlung, bei Zusammenstößen mit rund 300 Randalierern in Tottenham, die Gebäude und Fahrzeuge in Brand steckten, Geschäfte plünderten und Bewohner zwangen, aus ihren brennenden Häusern zu fliehen.

Die Polizei hat 55 Personen festgenommen, als eine größere Ermittlungsaktion dessen startete, was erschreckend schnell zu Gewalt eskaliert war, im Gefolge einer friedlichen Demonstration, die „Gerechtigkeit“ für Duggan, 29, einem vierfachen Vater, forderte, der am Donnerstagabend erschossen worden war, nachdem er in einem Taxi in der Nähe von Tottenham Hale angehaltenen worden war. Die Independent Police Complaints Commission (IPCC) hat eine Untersuchung des Vorfalls eingeleitet.

21.48: Hier ist ein weiteres Zitat aus einem Artikel von Sandra Laville, in dem über die Ereignisse rund um Mark Duggans Tod berichtet:

Die tödlichen Schüsse auf Mark Duggan, die die Tottenham Unruhen ausgelöst haben, nahmen eine dramatische Wendung, als bekannt wurde, dass es keinen Schusswechsel während seiner Verhaftung gab.

Erste Berichte der Independent Police Complaints Commission zeigten, dass während eines angeblichen Schusswechsels C019 -Polizisten zwei Schüsse abfeuerten, die Duggan getötet haben. Es wurde angenommen, dass die Polizisten vom Minivan aus, in dem Duggan am Donnerstagabend fuhr, unter Beschuss genommen wurden.

Vieles von dieser Annahme kam von der Tatsache, dass eine Kugel in einem Polizeifunkgerät steckte, das ein Polizist am Tatort getragen hatte – das bewirkte die Spekulation, der Schuss könnte aus dem Fahrzeug abgefeuert worden sein. Eine von der Polizei nicht stammende Pistole wurde auch auf dem Schauplatz entdeckt, wo Duggan in Ferry Road erschossen wurde.

Aber der Guardian nimmt an, dass die ersten ballistischen Tests der Kugel im Polizeifunkgerät zeigt, dass es eine Polizeikugel war - und sie wurde weder von Duggan oder sonst jemandem am Tatort abgefeuert.

Ein Bezirkspolitiker erklärte, dass die Pistole in einer Socke gefunden wurde und deshalb nicht einsatzbereit war.

Es ist wahrscheinlich, dass das die Wut auf den Straßen von Tottenham und anderswo in London verstärkt hat, weil es beweist, dass die Beamten zu der Zeit, als sie das Feuer eröffneten, nicht angegriffen wurden.

21.52: Billy Kenber der Times ist auch vor Ort in Enfield. Er twittert:

Gruppe von etwa 25 Jugendliche wurden von Polizisten umstellt.

Es gibt Anzeichen dafür, dass die Unruhen im Norden von London Teil eines abgestimmten Plans eines Aufruhrs sind, laut Paul Lewis:

Als gewalttätige Unruhen in Enfield Town ausbrachen, etwa sechs Meilen nördlich von den Unruhen in Tottenham, gab es Szenen, die daran erinnern, was letzte Nacht passiert ist, obwohl in einem kleineren Ausmaß.

Jugendliche versammelten sich auf der St Andrews Road - angeblich ein vorher ausgewähltes Ziel – und brachen Mauern der Vorgärten ab, um Steine auf Polizisten zu werfen.

Etwa ein Dutzend Geschäfte wurde geplündert und Polizeiautos wurden in der Church Street zerstört. Polizei kam herbei, um den Bahnhof zu sichern. Kurz nach 20.30 Uhr zogen rund 100, vor allem Teenager, vor ein Juweliergeschäft.

Innerhalb von Sekunden waren Dutzende in dem Geschäft, liefen aber innerhalb von weniger als einer Minute weg, als die Polizei eintraf. Chaotische Szenen folgten, eine Reihe von Menschen wurde mit Schlagstöcken geschlagen und von Hunden angegriffen.

Ein Bewohner, Mizu Rahman, 34, sagte, Polizei in Zivil hatte ihm früher am Tag, etwa um 14 Uhr gesagt, es gebe die Information, dass Unruhen unmittelbar bevorstehen.

„Der Polizist kam auf der Straße herab und warnte uns, es würde Ärger geben“, sagte er. „Er zeigte mir ist seinen Ausweis. Er sagte: Wohnst du hier? Ich sagte: Ja. Er sagte: „Denk daran, die St Andrews Road wird heute Abend eine Frontlinie.“

Es gab keinen ersichtlichen Grund, warum sich die Unruhen nach Enfield Town, einen Außenbezirk im Norden Londons, verbreiten sollten.

Rahman, ein Ingenieur, sagte, er habe schon früher eine Nachricht auf Facebook gesehen, Enfield wäre „als nächstes auf der Hitliste“.

Um 21.30 Uhr begannen die Metropolitan Police und Verstärkungen aus Kent ganz Enfield Town in ein keimfreies Gebiet zu verwandeln. Hunderte Polizisten überfluteten den Bezirk mit Vans und Polizeihunden, griffen Gruppen von Jugendlichen an, die sich in Nebenstraßen zurückzogen.

Sie zerschmetterten Autos und Schaufenster auf ihrem Weg. Aufgrund dieser Taten wandten sich die Bewohner gegen die Randalierer, eine Frau, etwa 20 Jahre alt, war in Tränen aufgelöst und rief: „Was macht ihr da? Wollt ihr so Mark euren Respekt erweisen? Ist es das, was er gewollt hätte?“

22.11: Hier ist ein Bild, das Paul Lewis vorhin geschickt hat, mit der Polizei in Kampfausrüstung in der Nähe eines zerstörten Polizeiwagens in Enfield.

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22.29: Das Wochenende der Gewalt und Plünderungen im Norden von London erinnert an die 1980er Unruhen in der City, schreibt Maev Kennedy:

Bilder der geschwärzten Skelette ausgebrannter Gebäude und Straßen, übersät mit den verkohlten Trümmern einer Nacht der Gewalt und Plünderungen, werden jedem bekannt sein, der dort während der Unruhen lebte, die in den 1980er Jahren eine Spur der Verwüstung in den Innenbezirken hinterließen, Zündfunke für eine lang andauernde Debatte über Polizeiarbeit und die soziale Integration in Großbritannien.

Die Vorwürfe und Gegen-Anschuldigungen von Jugendlichen und den Behörden über eine ungeschickte oder inkompetente Polizei erinnern ebenfalls an vor 30 Jahren.

Die Abfolge der Ereignisse in Tottenham am Wochenende hat viele Anklänge an die Toxteth-Krawalle in Liverpool 1981 wie auch an die Unruhen in Tottenham 1985 und andere Unruhen in den 80er Jahren: ein lokaler Auslöser in einem benachteiligten Stadtgebiet, die schnelle Eskalation eines lokalen Protests zum Chaos, aus anderen Bezirken kommt Zulauf - und lange Sommernächte.

Der TV-Produzent und Kommentator David Akinsanya war am Sonntag früh am Morgen in Tottenham. Er hat schon einiges über die 1980er-Unruhen als Reporter berichtet.

Er sagte: „Es gibt Ähnlichkeiten, und es gibt auch keine, zwischen den jetzigen und damaligen Ausschreitungen. In jenen Tagen, als du als ein schwarzer Jugendlicher, kaum hast du die Straße betreten, von der Polizei hopp genommen wurdest, und du bliebst dann 3 Tage verschwunden. Das passiert aber jetzt nicht mehr. Die schwarze Community ersucht die Polizei, die Waffenkriminalität im Auge zu behalten, das ist eine andere Veränderung.“

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