Donnerstag, 29. September 2011

Londoner Unruhen: die dritte Nacht – Montag, 8. August 2011 (Fortsetzung 11)

2011-08-20-tottenham-33

15.19: David Lawrence hat einen beredten und wütenden Artikel für Comment is free geschrieben, warum er sich wegen der Unruhen schämt, in Tottenham zu leben:

„Ich kenne Leute, die alles, was sie je besaßen, verloren haben, weil ihre Häuser am Wochenende niedergebrannt wurden. Ich kenne Leute, die hart gearbeitet und sich ein erfolgreiches Unternehmen geschaffen haben und jetzt nichts mehr besitzen Ich kenne Leute, die heute arbeiten müssen, es aber nicht können, weil ihr Arbeitsplatz nicht mehr existiert.

Die Versicherungsprämien im Bezirk werden wegen der Schäden raketenhaft steigen, und auch die Angst, es könnte wieder passieren. Die Hauspreise werden rapid sinken: wer würde ernsthaft in Erwägung ziehen, sich hier anzusiedeln? Last but not least, sind die Arbeitsplätze verloren gegangen, weil alle die großen Unternehmen, deren Filialen zerstört wurden, nicht daran denken, sie wieder zu eröffnen. Die Tottenham High Road war schon heruntergekommen, und jetzt wird es noch schlimmer werden. Wenn Sie dachten, Tottenham war bereits ein „Slum", warten Sie nur, bis sich der Rauch verzogen hat.

Es waren Leute da draußen, die wirklich auf der Suche nach Gerechtigkeit waren; andere sahen gerade darin eine Chance, ein Chaos zu erzeugen, und suchten Dinge für den persönlichen Gewinn. Sportschuhe von JD Sports stehlen? Handys von T-Mobiles sich unter den Nagel zu reißen? Das Loch in der Wand entfernen, so dass – im wörtlichen Sinn - ein Loch in der Wand bleibt? Alles im Namen der Gerechtigkeit ... richtig? Mark [Duggan] lebte in Tottenham und starb in Tottenham, aber Plünderer gingen bis nach Wood Green.“

15.30: Was verbindet die Tottenham-Unruhen mit denen in Brixton vor 30 Jahren und jenen der Bürgerrechte-Ära in den USA? Roland Nicholson, Jr hat dazu folgendes geschrieben:

„Als Student in London wurde ich im Jahre 1981 Zeuge von Unruhen, die im wesentlichen in der westindischen Community von Brixton ausgebrochen waren. Ich hatte während der Rassenunruhen nach der Ermordung von Dr. Martin Luther King Jr. in Baltimore gelebt.

Während mich die Unterschiede erstaunten, haben mich die Ähnlichkeiten nicht vom Sessel geworfen. Es gab einen Vorfall. Es gab viele Gerüchte. Gruppen von Burschen und jungen Männern, die nichts zu tun hatten, begannen auf eine bedrohliche Weise herumzustreunen. Die Schaufenster eines Likör- und eines Haushaltswarengeschäftes gingenkaputt, und andere Jugendliche schlossen sich denen an, vor allem um zu plündern, und da reagierte die Polizei.

Die Plünderungen verbreiteten sich weiter und weiter, mit dem Ergebnis, dass die Polizei schnell ausgeschaltet war und die Menge schnell realisierte, dass die Chance, dass jemand wegen der Plünderungen verhaftet wurde, recht gering war. Eine kleine Gruppe begann Feuer zu legen, um so die Polizei auf Distanz zu halten.

Dies ist ein Rezept für eine Katastrophe. Doch sowohl in Brixton und Baltimore als auch jetzt in Tottenham wurden die Krawalle wegen eines allgemeinen Gefühls unterstützt, dass unabhängig davon, in welcher ökonomischen Phase Großbritannien oder die USA gerade war, die Schwarzen davon nicht profitierten oder überproportional darunter zu leiden hatten.

Wer das nicht wusste, hatte einfach einen Großteil der Viertel in Baltimore, Brixton oder Tottenham nicht gesehen. Wenn Mitglieder von Minderheiten unter jener Art von wirtschaftlichen Misere leiden, die vor kurzem George Soros und Michael Bloomberg zu brachte, einen 130.000.000-Dollar- Fonds für junge Schwarze und hispanische Männer in New York zu fordern, um diese aus dem Zyklus von Kriminalität, Minimalausbildung und Arbeitslosigkeit herauszukriegen, gibt es eindeutig ein Problem. Dieses nicht zu sehen, marginalisiert die Menschen und macht sie unsichtbar. Was derzeit in Tottenham geschieht, zeigt, dass sie es eindeutig nicht sind.“

15.32: Mehr zum BBM-Thema von Jasmine in Brixton:

"Ein 25-jähriger Wachmann und Personaltrainer - der beobachtete, wie die Gewalt gestern Abend auf der Brixton Road ausbrach, aber nicht genannt werden will – hat gesagt, daß keine Blackberry-Nachrichten versandt worden waren, um die Plünderungen im Voraus zu organisieren.

Er sagte mir, es gab um 23.30 Uhr einen Konflikt zwischen einer Gruppe von etwa 15 Jugendlichen und Polizisten in der Nähe der Coldharbour Lane, der dann außer Kontrolle geraten war. Als die Randalierer Curry’s Elektrogeschäft aufgebrochen hatten, wurden BBM-Nachrichten verschickt, um andere zum Plündern einzuladen."

Er sagte:

"Ich sah Nachrichten dazu, was letzte Nacht losgewesen war Aber die Polizei wusste es ebenso. Sie hat Blackberrys, sie weiß, was los ist. "

„Vermutlich kam diese Aussage von Patrick Spence, dem General Manager von Global Sales und Marketing beim BlackBerry-Hersteller Research In Motion.

Wir haben um mehr Klarheit darüber gebeten, was das eigentlich bedeutet. Es scheint RIM um den Vorwurf zu gehen, die Firma sei zur Übergabe der Daten privater Nutzer bereit - allerdings weiß man, wie vorsichtig sie immer im Hinblick auf die Privatsphäre des Kunden war, weshalb ich bezweifle, daß dies der Fall ist.

Es sei an RIMs jüngste Konflikte mit Regimen im Nahen Osten erinnert. Indien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien drängten das Unternehmen seit Monaten, BlackBerry-Messiging und E-Mails über die Terrorismus-Ängste zu entschlüsseln.“

15.48: All das Gerede von BlackBerry-Messaging hat Jasmine - die aus Brixton berichtet - in eine nachdenkliche Stimmung gebracht:

"Ich wünschte, mein BlackBerry wäre so effizient. Ich war gezwungen, den Akku meines Handys auf einem fremden Computer in einem Café aufzuladen, wo ich auch andere Reporter in der gleichen Zwangslage sah.“

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