Unruhen in Tottenham nach dem Protest gegen Mark Duggans Erschießung
Andy Moore vom BCC berichtet von hinter den Polizeilinien, nachdem ein BBC-Satelliten-Lkw unter Beschuss von Jugendlichen geriet
Benedict Moore-Bridger, Rob Parsons and Justin Davenport
Evening Standard, 5. August 2011
Die Polizei war auf den Straßen von Tottenham im Norden Londons, wo bei nächtlichen Unruhen Molotowcocktails auf die Polizisten und Streifenwagen geworfen und Gebäude angezündet wurden.
Acht verletzte Polizisten wurden ins Krankenhaus gebracht, mindestens einer von ihnen mit Kopfverletzungen.
Die Unruhen begannen nach einem Protest gegen die tödlichen Schüsse der Polizei auf den 29-jährigen Mark Duggan am Donnerstag.
Über 300 Menschen versammelten sich vor dem Polizeikommissariat auf der High Road, nachdem die Demonstranten „Gerechtigkeit“ gefordert hatten.
Das London Ambulance Service sagte, insgesamt zehn Perssonen seien behandelt worden und neun mussten ins Krankenhaus gebracht werden.
Zwei leere Streifenwagen wurden um etwa 20.20 Uhr angezündet.
Kommandant Stephen Watson: „Wir hatten keine Hinweise auf das Ausmaß der Unordnung, der wir uns jetzt stellen müssen.“
Geschäfte in der Gegend wurden von Leuten geplündert, die man dabei beobachten konnten, wie sie Einkaufswagen voller Waren vor sich herschoben. Ein Ortsansässiger sagte der BBC, dass am Sonntag Plünderungen über den Morgen hinaus fortgesetzt wurden.
Ein Doppeldeckerbus wurde an der Kreuzung High Road und Brook Street in Brand gesetzt, während ein Geschäft auf der High Road auch angezündet wurde.
Feuerwehrleute konnten zunächst wegen der Krawalle nicht in den Laden. Doch später begannen sie, die Flamme zu bekämpfen.
Ein BBC-TV-Nachrichtenteam und ein Satelliten-Lkw kam auch unter Beschuss von Jugendlichen mit Wurfgeschossen.
Die Jugendlichen hatten begonnen, einen anderen Streifenwagen anzugreifen, bevor das TV-Team zum Ziel wurde, und dieses wurde im Interesse der eigenen Sicherheit zurückgezogen. Das Polizeiauto wurde später in Brand gesetzt.
Der BBC-Reporter Andy Moore sagte, daß die Randalierer offenbar am Sonntagmorgen abzogen und die Polizei versuchte, die Ruhe wieder herzustellen.
Unser Korrespondent sagte, dass seit den Unruhen im Jahr 1985 die Beziehungen zwischen der Bevölkerung und der Polizei in der Regel gut waren, aber die Schießerei letzte Woche habe die Spannung verstärkt.
Er sagte, bestimmte Personen wollten sofortige Antworten bekommen, doch die Untersuchung über Herrn Duggans Tod würde länger dauern.
„Ruhe und Normalität“
Kommandant Stephen Watson von der Metropolitan Police hatte vorher gegenüber den BBC News erklärt, eine beträchtliche Anzahl von Polizisten sei eingesetzt worden mit dem Ziel der Wiederherstellung von „Ruhe und Normalität in diesem Gebiet so schnell wie möglich".
Die Polizei würde es weiterhin mit „isolierten Nestern der Kriminalität“ aus ein paar Leuten zu tun haben, sagte er in einer Erklärung.
Herr Watson teilte mit, die Polizei habe keinerlei Warnungen über das Niveau der Unruhen in der letzten Nacht gehabt, trotz Kenntnis von Spannungen nach Herrn Duggans Tod.
„Was wir zuerst am den gestrigen Abend erlebt haben, war eine friedliche Demonstration vor Tottenhams Polizeiwache - es gab keinen Hinweis darauf, daß sich die Situation auf diese Weise verschlechtern würde. Für diejenigen, die sich an diesem Ausmaß an Gewalt beteiligt sind, gibt es keine Entschuldigung.“
Tottenhams Abgeordneter David Lammy bat am Samstag um Ruhe und sagte: „Die Szenen, die sich derzeit in unserem Bezirk ereignet haben, sind nicht repräsentativ für die überwiegende Mehrheit der Menschen in Tottenham."
„Diejenigen, die sich an die zerstörerischen Konflikte der Vergangenheit erinnern, werden bestimmt nicht dorthin zurückkehren wollen."
„Wir haben bereits eine trauernde Familie in unserer Gemeinde und weitere Gewalt wird deren Schmerzen nicht lindern."
„Wahre Gerechtigkeit kann nur entstehen, wenn eine gründliche Untersuchung der Ereignisse erfolgt."
„Die Tottenham-Gemeinde und Mark Duggans Familie und Freunde müssen verstehen, was am Donnerstagabend passiert ist, als Mark sein Leben verlor. Um diesen Sachverhalt zu begreifen, müssen wir Ruhe bewahren.“
Die Demonstranten hatten sich vor der Polizeistation um etwa 17:00 Uhr versammelt.
Die Polizei sagte, die Situation wurde gewalttätig, als zwei Streifenwagen ca. 200 Meter weiter weg auf Forster Street parkten und die High Road angegriffen wurde.
Der Sprecher sagte: „Eine Menge Flaschen wurden auf diese beiden Autos geschleudert – eines wurde in Brand gesteckt und das zweite wurde in die Mitte der High Road geschoben. Auch dieses wurde anschließend angezündet."
„Die Polizisten waren nicht in den Fahrzeugen und blieben unverletzt.“
Eine Freundin von Herrn Duggan, die ihren Namen mit Niki, 53, angab, sagte, die Demonstranten wünschten „Gerechtigkeit für die Familie“ und daß „etwas getan werden sollte“.
Sie sagte, daß sich einige von ihnen auf die Straße legten, um ihr Verlangen zu verdeutlichen. „Sie verdeutlichten so ihre Anwesenheit, weil die Menschen nicht glücklich sind“, fügte sie hinzu.
„Dieser Mann war nicht gewalttätig. Ja, er war in gewisse Sachen verwickelt, aber er war kein aggressiver Mensch. Er hatte noch nie jemanden verletzt.“
Vanessa Robinson sagte, sie habe sich der ursprünglichen Demonstration vor der Polizeiwache angeschlossen, die habe friedlich begonnen.
Sie sagte, dann habe sich die Situation in ein „absolutes Chaos“ verwandelt.
Eine Person am Tatort, die seinen Namen mit Tim angab, sagte: „Es ist ein absolutes Kriegsgebiet. Ich war soeben dort."
„Ich habe etwa fünf Jugendliche gesehen, alle Gesichter verhüllt. Sie haben eine Mülltonne in Brand gesteckt und sie in Richtung Polizei geworfen."
Gehärtetes Glas
„Die gesamte Polizeistation war von etwa 100 Polizisten in Kampfausrüstung umgeben, und sie warfen eine Mülltonne hinein und begannen dann Steine und Straßenschilder zu werfen, all das, was sie in ihrer unmittelbaren Nähe finden konnten,.“
Ein anderer Bewohner, David Akinsanya, 46, sagte, es seien mehrere Schaufenster zerschlagen worden.
Amateuraufnahmen zeigen Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten in der Nähe der Polizeistation in Tottenham.
Er sagte: „Etwa 15 Bereitschaftspolizisten bildeten eine Reihe vor der Polizeistation auf der Nordseite, und dann gab es jede Menge uniformierter Polizisten auf der Südseite der Polizeistation."
„Sie machten keinerlei Versuche, die Menge zu zerstreuen. Ab und zu gingen sie auf die Menge zu, und die Menge begann zu laufen."
„Aber es scheint, daß sich heute Abend eine große Wut in Tottenham angesammelt hat. Als ich wegging, haben sie begonnen, die Polizeistation anzugreifen.“
Die Independent Police Complaints Commission untersucht die Umstände des Todes von Herrn Duggan.
Ein Polizist wurde verletzt, als der Minivan mit Herrn Duggan angehalten wurde.
IPCC-Kommissärin Rachel Cerfontyne sagte: „Ich verstehe die Not, die der Tod von Mark Duggan seiner Familie und der Gemeinde verursacht hat. Die Menschen brauchen Antworten darüber, was mit ihm passiert ist.“
Sie sagte, die IPCC stehe in engem Kontakt mit Herrn Duggans Familie und fügte hinzu: „Ich habe heute Abend mit Bezirksvertretern gesprochen und hoffe, sie und auch andere so bald wie möglich treffen zu können.“
Ein Sprecher des Londoner Bürgermeisters Boris Johnson sagte: „Gewalt und Zerstörung von Eigentum wird nichts dazu beitragen, die [IPCC-] Untersuchung zu erleichtern, und wir fordern die Beteiligten auf, die Rechtsstaatlichkeit zu wahren.“